Ist „EctoLife“ realistisch?

Auf YouTube macht ein Video von Hashem Al-Ghaili die Runde, welches an eine Szene aus Matrix erinnert: Hunderte durchscheinende Elipsoide, aufgereiht wie Zuschauersitze eines Fußballstadiums. Besagte Zuschauer sind jedoch noch nicht geboren – in jedem der Behälter rekelt sich ein menschlicher Embryo. Selbstredend ist das Video eine Animation – nichts davon ist echt. Zumindest noch nicht. Aber könnte sich dies in absehbarer Zeit ändern?

In dem Video selbst fehlt jeglicher Zeitbezug. Es handelt sich also nicht um eine Prognose, sondern um ein Was-Wäre-Wenn-Szenario. Eines, dass sich geschickt als futuristischer Werbespot tarnt. Je nach Deutungsweise kann es also als Satire, Warnung, oder Vision interpretiert werden – wie dies bei ausgezeichneten Werken der Sci-Fi meist der Fall ist.

So wirft das Video gekonnt Fragen zur Eugenik auf ohne den Begriff selbst jemals zu benutzen. Auch hält es so manchem übereifrigen Verkäufer den Spiegel vor, indem es zwischen schwer und unmöglich einzuhaltenden Versprechungen hin und her pendelt. So ist eine Anpassung der Größe durch Genmanipulation theoretisch zwar möglich, eine der Intelligenz jedoch nicht – letztere hängt von zahlreichen Faktoren, von denen nicht alle im Erbgut enthalten sind, ab.

Eine der Verheißungen straft das Video selbst Lügen: An einer Stelle preist es die Ausrottung aller Erbkrankheiten an: Und zwar mittels Editieren von über 300 Gene. Nun, laut aktuellem Wissensstand besitzt der Mensch ungefähr 20 000 – also mehr als 66 mal so viele.

Tatsächlich enthält das Video nur eine einzige glaubwürdige Aussage: Die vorgestellte Babyfabrik werde zu 100 % mit erneuerbarer Energie versorgt.

Derzeit ist noch nicht einmal gesichert, ob eine funktionierende, künstliche Gebärmutter – geschweige denn eine ganze Babyfabrik – überhaupt physikalisch/medizinisch möglich ist. Es ist ein wenig wie mit der vermeintlichen Überwindung des Alterns: Der Vorstellung halber sollte dies machbar sein. In der Praxis gibt es aber keine nennenswerten Fortschritte in diese Richtung. Wir schaffen es zwar, bisher bestehende Technologien zu perfektionieren: Jene neue Superanwendung, die für den Durchbruch notwendig wäre, fehlt uns aber nach wie vor. Egal wie fit wir im Alter sind – egal, wie jung 60-jährige heute aussehen – der Unsterblichkeit kommen wir dadurch nicht näher. Noch immer gibt es keinen Menschen der auch „nur“ die Grenze von 123 Jahren überschritten hätte.

Umgemünzt auf das Video: Egal, wie viele Gene wir editieren können, egal wie gut unsere Brutkästen sind: Eine künstliche Gebärmutter bringt uns das nicht.

 

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