Kann Stil Sinn ersetzen?

Spoiler Alarm zu „The Good, The Bad and The Ugly”

Wer kennt das nicht? Man sieht einen Film und findet haarsträubende Logikfehler. Haarsträubend genug, um sofort abzuschalten. Doch man schaut weiter. Aber nicht etwa aus Entsetzen, wie bei einem Autounfall. Nein, man geniest das Werk aufrichtig. Und man verzeiht ihm Sachen, über die man normalerweise nicht hinweg sieht.

Mir erging es so zuletzt bei „The Good, The Bad and The Ugly” (schade, dass es keinen deutschen Titel gibt 😉). Genauer gesagt, beim finalen Showdown. Hier eine kurze Zusammenfassung (Achtung, Spoiler!):

Die beiden glorreichen Protagonisten suchen einen auf einem Friedhof vergrabenen Schatz. Doch nur einer von ihnen kennt das falsche Grab, indem statt einem Toten, ein Reichtum schlummert. Da taucht der Schurke auf und bedroht die Zwei mit vorgehaltener Waffe. Statt die Lage des Schatzes herauszupressen lässt er sich aber zu einem Mexican Standoff überreden. Der Sieger soll den Fundort des Schatzes erfahren. Dieser wurde von einem der Protagonisten zuvor mit Kreide auf die Unterseite eines Steines geschrieben. Es folgt eine der legendärsten Szenen des Western Genres: Ein Duell zu Dritt auf einem Friedhof.

Diese Szene, atmosphärisch zur Perfektion ausgebaut, lässt einen kritischen Geist dennoch verwundert zurück.

Der Schurke wurde als gerissener und mit allen Wassern gewaschenen Auftragskiller eingeführt. Warum geht er dann dieses unnötige Risiko ein? Selbst wenn er gewinnt, garantiert ihm niemand, dass auf dem Stein die Wahrheit steht.

Leider ist dies nicht die einzige Szene, in der Charaktere des Filmes plötzlich ihr Hirn ausschalten, um das Drehbuch voranzutreiben.

Dennoch gilt das Werk als einer der besten Western überhaupt. Auf meiner persönlichen Liste rangiert er auf Platz 2 – gleich hinter „Spiel mir das Lied vom Tod“ (schade, dass es keinen englischen Titel gibt 😉).

Aber warum ist der Film trotz haarsträubenden Logikfehlern so gut? Vielleicht weil er fehlende Logik durch eine andere Stärke überkompensiert: Stil.

Während des finalen Duells zu Dritt wird kein Wort gewechselt. Die Musik ist abwechselnd dominant, dann wieder minimalistisch. Im entscheidenden Moment setzt sie ganz aus. In der Ferne hört man die Raben krähen. Die umgebende Wüste ist so lebensfeindlich wie die Absichten der Männer. Ihre Gesichter sind verschwitzt und verzerrt vor Anspannung. Um sie herum ruhen die Toten. Jeder weiß: Bald gesellt sich jemand zu ihnen.

Kurzum: Der überragende Stil ersetzt die fehlende Logik. Was andere Werke zu Trash reduziert, hebt diesen Film erst auf den Podest.

Als Fan der Science Fiction stellt sich mir die Frage: Ist so etwas in einem Genre, dessen Schwerpunkt auf Handlung, Ideen und schlussendlich Logik beruht, möglich?

Eine mögliche Antwort liefert der Film „Matrix“ (schade, dass es keine Fortsetzungen gibt 😉). Er enthält einen massiven Logikfehler: Der Mensch ist nämlich alles andere als ein effizienter Energieumwandler. Fans wissen, wovon ich schreibe.

Aber der Film hat nicht weniger Stil als der oben beschriebene Western: Dort staubige Hemden und breitkrempige Hüte, hier Sonnenbrillen und schwarze Gewänder. Einmal wird schnell gezogen, einmal akrobatisch zugeschlagen. Nahaufnahmen von sonnengegerbten Gesichtern auf der einen Seite, Slow Motion auf der anderen.

Stil kann also Logik tatsächlich ersetzen. Aber je weniger von Letzter übrig ist, desto mehr braucht es vom Ersten. Oft kann nur noch Perfektion ein Werk retten. Und die hat die Angewohnheit sehr selten erreicht zu werden.

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