Stickstoff als Raketentreibstoff? Vielleicht ja doch.

Wer zu den ersten Lesern meines Blogs gehört, wird sich vielleicht erinnern, dass ich einst über reine (und fiktive) Stickstoffverbindungen als möglichen Raketentreibstoff sinnierte. Genauer gesagt: Einen Treibstoff, der nur aus einer Komponente und noch genauer gesagt nur aus einem chemischen Element besteht. Quasi das Maximum an Minimalismus kombiniert mit dem Maximum an (chemischer) Energiedichte.

Die Idee hatte aber einen Haken – also neben der Tatsache, dass es so eine Verbindung nicht gab: Ein leichteres Element würde einen noch besseren Treibstoff abgeben. Nun, das leichteste Element ist Wasserstoff. Der beste chemische Raketentreibstoff wäre daher sogenannter (und ebenfalls fiktiver) metallischer Wasserstoff.

Im Laufe der Zeit erlangte der Stickstoff-Treibstoff aber einen nicht zu unterschätzenden Vorteil: Wissenschaftlern gelang es, ihn herzustellen. Oder fast. Sogenannter „Schwarzer Stickstoff“ ist nur unter Extrembedingungen stabil. Eine Rakete lässt sich damit nicht betanken.

Nun erschien aber eine neue Publikation, die den Treibstoff von der Fiktion in die Wirklichkeit holen könnte: Forschern gelang es ein Molekül zu erzeugen, das aus 6 Stickstoffatomen (Hexanitrogen) besteht. Zum Vergleich: Was wir Luft nennen besteht (größtenteils) aus 2-atomigen Stickstoff. Naturgemäß besitzt die 6-teilige Variante den Drang, sich in 3, je 2-teilige aufzulösen – und das mit einem Knall.

Nun, spontane Explosionen sind bei Molekülen, die eigentlich nicht existieren sollten, erwartbar. Der neu entdeckte Hexanitrogen ist jedoch bemerkenswert stabil. Er scheint sich in flüssigem Stickstoff relativ problemlos lagern zu lassen. Sicher, lässt man ihn auf Raumtemperatur erwärmen, dann knallt es ordentlich – stärker, als der (bislang) brisanteste bekannte Sprengstoff. Das macht die Substanz nicht gerade praxistauglich. Aber Hexanitrogen ist schon einmal stabiler und sicherer, als so manch andere Verbindung, mit der freie Geister ihre Superraketen betanken wollten (z.B.: FOOF).

Die Zeit wird zeigen, ob eine Stickstoffrakete Wunschdenken bleibt. Sie scheint jedoch bereits ein gutes Stück Weg von der Sci-Fi hin zur Si zurückgelegt zu haben.

 

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