Zu den Ironien der Science Fiction gehört, dass so mancher Klassiker erst in der Zukunft Anerkennung fand. John Carpenters „The Thing“ floppte an den Kinokassen. Heute findet es sich auf so mancher Liste der besten Filme aller Zeiten. „1984“ überzeugte bei seiner Veröffentlichung zumindest weder den Autor noch dessen Frau. Die Witwe Eric Arthur Blairs verkaufte das einzige erhalten gebliebene Manuskript bei einer Wohltätigkeitsauktion für 50 Pfund (korrekterweise muss man sagen, dass sich „“1984 zu diesem Zeitpunkt schon ganz gut verkaufte – Blair und seine spätere Witwe waren vielleicht bloß bescheiden).
Ein modernes Beispiel ist der Film „Idiocracy„. Das gute Stück erschien 2006 und spielte seine Produktionskosten nicht einmal annähernd ein. Interessanterweise waren es jedoch nicht die Kritiker, sondern die Vertreiber, die sich quer legten. Das Werk wurde kaum beworben und in nur wenigen Kinos ausgestrahlt. Als wäre so manchem das Lachen im Halse stecken geblieben …
Spätestens nach gewissen gesellschaftspolitischen Entwicklungen erlangte der Film jedoch Kultstatus. Manche sehen darin sogar mehr Dokumentation als Satire. Um Missverständnisse vorzubeugen: Ich mag den Film. Tatsächlich mochte ich ihn sogar schon, bevor es Kultstatus erreichte. Doch kein Werk ist perfekt. In einem zentralen Punkt liegt die Zukunftsvision nämlich knapp aber deutlich daneben.
Anti- vs Pseudointellektualismus
Die Menschen von Idiocracy sind entweder zu faul oder schlichtweg unfähig zu denken. Alles, was über markige Sprüche oder kurzfristige Spektakel hinausgeht, ist langweilig. Wer versucht, Argumente zu formulieren, dessen Sexualität wird angezweifelt.
Nun, Antiintellektualismus gab es schon immer und wird es auch immer geben? Aber ist er wirklich die Geisel der heutigen Zeit? Ich denke, jeder der den Fehler gemacht hat, sich online auf eine Diskussion einzulassen, kann ein anderes Lied singen: Wer eine andere, abweichende Meinung hat, ist nicht „uncool“ oder „langweilig“, sondern „dämlich“. Der stereotypische Keyboard Warrior agiert nach dem Credo: Ich bin nicht deppert – du bist deppert. Er ist kein Antiintellektueller – er ist Antisokratiker. Er weiß, dass er alles weiß: Er kennt die Ursache und Lösung des Nahostkonflikts, den besten Film aller Zeiten und die Antwort auf die Lösung aller Fragen.
John Cleese sagte sinngemäß, man brauche etwas Intelligenz um die eigene (und wirklich die eigene) Dummheit zu erkennen. Von diesem Standpunkt aus zeigen die Protagonisten von Idiocracy ein bemerkenswertes Stück Weisheit: Sie erkennen die Intelligenz des Protagonisten an und überlassen ihm die Führung. Sie sind dumm, sensationsgeil – aber selbstkritisch genug, das zu erkennen. Am Ende überlassen sie dem intelligentesten Menschen auf Erden sogar das Amt des Präsidenten.
Und in der Realität? Nun, Klimawandelleugner lassen Umweltschützer nicht einfach an die Macht, weil ihnen Meteorologie zu langweilig ist. Tatsächlich leben wir in einer Welt, in der Studios einfach dem Publikum schuld an ihren Flops geben. Herr Peter mit seinem Prinzip scheint der Wahrheit deutlich näher zu sein, als Mike Judge mit Idiocracy.
Auf eine seltsame Art und Weise haftet seiner Dystopie etwas seltsam Utopisches an. Ich glaube nicht, dass das Absicht war. Oder zumindest hoffe ich es nicht.