Der etwas andere Atompilz?

Im letzten Beitrag habe ich über ein Lebewesen spekuliert, welches Kernspaltung zum Überleben nutzen könnte. Werden wir also eine Spur konkreter: Kernspaltung an sich ist (oberflächlich betrachtet) relativ unkompliziert. Vereinfacht ausgdrückt läuft der Prozess folgendermaßen ab: Ein Initator sendet Neutronen aus und ein Moderator bremst diese ab. Anschließend spalten die verlangsamten Neutronen den Kernbrennstoff. Dadurch entstehen neue Neutronen. Der Kreislauf schließt sich.

Man braucht also 4 Dinge: Spaltbares Material (Kernbrennstoff), Neutronen, einen Initiator und einen Moderator.

Theoretisch fänden sich diese Bestandteile (oder entsprechender Ersatz) in der Natur. Tatsächlich gibt es in Gabon, Afrika einen Ort, an dem Kernspaltung natürlich abläuft.

Dieses natürliche Kernkraftwerk verdankt seine Existenz unter anderem einer ungewöhnlich hohen Konzentration an spaltbarem Material in dieser Gegend. Ein natürlicher Atompilz müsste also zunächst in der Lage sein, Uran anzureichern. Plutonium scheidet aufgrund seiner extremen Seltenheit (es wird fast ausschließlich künstlich hergestelt) aus.

Grundsätzlich sind Zellen in der Lage, durch spezielle Kanäle, Atome zu “filtern”. Natriumkanäle etwa lassen zwar Natriumionen durch sie hindurch, nicht jedoch diesen recht ähnliche Kaliumionen. Allerdings ist der Unterschied zwischen U-238 (dem nicht spaltbaren Isotop) und U-235 (dem spaltbaren Isotop) noch deutlich geringer. Ein entsprechender Atompilz bräuchte also isotopenspezifische Ionenkanäle.Sollte er dieses Kunststück irgendwie zu Wege bringen, so hätte er die größte Hürde zur Kernspaltung vermutlich bereits überwunden.

Ein Initator fände sich vergleichsweise einfach. Wird das Element Berylium Alphastrahlung ausgesetzt, entsteht eine Neutronenquelle. Da Uran bereits ein Alphastrahler ist, müsste der Pilz nur zusätzlich etwas Berylium sammeln. Dieses Element ist zwar ebenfalls relativ selten, jedoch deutlich weniger, als Uran.

Am einfachsten wäre für eine Zelle der Moderator zu beschaffen, denn sie besteht bereits zum Großteil daraus: Wasser. Allerdings ist der Quell des Lebens nicht besonders effizient darin schnelle Neutronen zu moderieren. Kernkraftwerke, die Wasser zu diesem Zweck benutzen, benötigen höher angereichertes Uran, als andere. Eine mögliche Alternative wäre Graphit. Er kommt ebenfalls natürlich vor und ist ein effizienterer Moderator als Wasser.

Damit hätten wir die für die Kernspaltung notwendigen Komponenten zusammen. Bleibt nur die Frage, ob der Atompilz nicht an seiner eigenen Energiequele zugrunde geht. Allerdings ist die strahlenverträglichkeit von vielen seiner realen Brüdern bereits sehr beachtlich. Wenn der Pilz also tatsächlich robust genug ist, Kernspaltung zu betreiben, wird er im Gegenzug mit einer Energiequelle belohnt, die es in sich hat. “Normale” Lebewesen bauen im Zuge ihres Stoffwechsels ein Molekül Namens ATP auf. Anschließend nutzen sie die bei seinem Abbau/Zerfall frei werdende Energie. Umgerechnet wären das 14 kcal/mol. Ein beachtlicher, aber im Vergleich zur Spaltung von U-235, mickriger Wert. Hier wird 363 Millionen mal so viel Energie frei.

Der Atompilz könnte nur in sehr speziellen Gebieten gedeihen. An diesen Orten, würde er jedoch alles andere übertrumpfen. Und verstrahlen.

Anmerkung des Autors: Ja, ich weiß, die Massenzahl sollte eigentlich tiefgestellt, links neben dem U sein. In Word hat es noch funktioniert – hier leider nicht.

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