Durch den höchst empfehlenswerten Blog von Leonid Schneider bin ich vor kurzem auf eine weitere Behandlungsmethode gestoßen, welche etwas seltsam anmutet. Beworben wird ein Produkt, welches die Lungen von mit dem SARS-CoV-2 infizierten Patienten mit UV-A bestrahlt und so heilen soll. Im zugehörigen Patent, wird damit argumentiert, dass der antibiotische Effekt von UV-A und UV-B auf der Schädigung von haploider (die Gene liegen einfach vor) DNA/RNA beruhen soll. Weiter wird behauptet, das menschliche Genom (bis auf wenige Ausnahmen diploid, sprich die Gene liegen doppelt vor) sei diesbezüglich viel widerstandsfähiger. Während Krankheitserreger schon nach wenigen Minuten inaktiviert würden, sollten menschliche Zellen nur einen vernachlässigbaren Schaden erleiden. Mikrobiologen (wahrscheinlich nicht nur die) werden in dieser Argumentation einen zentralen Schwachpunkt erkennen: Manche Krankheitserreger verfügen über ein diploides Genom.
Zusätzlich zum genetischen, ergibt sich auch ein medizinisches Problem: Laut Homepage, wird die Strahlung von einer schlauchförmigen Lampe emittiert, welche in die Luftröhre des Patienten eingeführt werden soll. Das würde die Atmung vermutlich etwas erschweren. Hinzu kommt, dass die Bronchioli respiratorii nur 0,4 mm weit sind. Zumindest diese wird man wohl nicht mit einem Schlauch erreichen können.
Interessanterweise wird auch nur auf die durch UV-A verursachten Schäden an DNA/RNA eingegangen, nicht jedoch auf jene an Proteinen. Deren Funktionen sind aber sowohl für das SARS-CoV-2-Virus, als auch für Zellen unerlässlich. Dass UV-A-Licht ab einem gewissen Zeitraum Proteine schädigt, wurde bereits nachgewiesen. Zugegeben, die minimale Bestrahlungsdauer in der verlinkten Publikation beträgt 50 min. Es bleibt jedoch mehr als fraglich, ob eine „Behandlung“, welche kurz genug ist, um menschlichen Proteine nicht zu schädigen, den viralen Proteinen (oder der RNA) etwas anhaben kann.
Noch fragwürdiger erscheint die Methode, wenn man sich die Strahlendosen ansieht, die angewandt werden, um Gewebe tatsächlich zu sterilisieren. Um etwa Hauttransplantate vor der Operation keimfrei zu bekommen wird nämlich tatsächlich auf Bestrahlung zurückgegriffen. Mit UV-A gibt man sich hierbei aber gar nicht erst ab. Nein, hier kommt Gammastrahlung zum Einsatz. Und davon nicht zu wenig: „Handeslübliche“ Dosen liegen zwischen 15 000 und 25 000 Gray. Gray ist nicht nur eine Farbe, sondern auch die Einheit der absorbierten ionisierenden Strahlung – wobei sie sich auf 1 kg betroffenes Material bezieht. Bei Ganzkörperbestrahlungen ab 8 Gy wird von keiner Überlebenschance ausgegangen. Wir reden also hier vom 1875 – 3125-fachen der gesichert tödlichen Dosis. Natürlich setzt dies voraus, dass jeweils der gesamte Körper dieser „Behandlung“ unterzogen wird. Aber selbst, wenn nur die Lunge „geröstet“ wird, stehen die Überlebenschancen eher schlecht.